Mathias Jung: "Eifersucht - ein Schicksalsschlag?" und "Außenbeziehung - Ende oder Neubeginn der Liebe?"

110 bzw. 210 Seiten 11 x 16,5 m gebunden, emu-Verlag Lahnstein, ISBN3-89189-079-6 bzw. 3-89189-095-8

Die Themen Außenbeziehung und Eifersucht sind eng miteinander verzahnt und man fragt sich zunächst, warum M. Jung zwei getrennte Bücher geschrieben hat, zumal sie sich in gewissen Bereichen inhaltlich und teilweise in Formulierungen überlappen oder gleichen.

Nun hat zwar eine Außenbeziehung immer etwas mit Eifersucht, Eifersucht aber nicht unbedingt mit einer Außenbeziehung zu tun. Bei der pathologischen Eifersucht geht es ja gerade darum, dass es die phantasierte und behauptete Außenbeziehung gar nicht gibt. Dennoch bespreche ich die beiden Bücher im Zusammenhang, grade so, als wäre es nur ein (Doppel-)Buch.

 

Ein weiteres Mal in Wunden stochern?

 

In meinem Bücherschrank steht mehr als ein halbes Dutzend Bücher zum Thema Eifersucht. Von Bornemann über Körner und Merkle bis hin zu Baumgart und Beer ist alles vertreten, was auf dem Sektor Rang und Namen hat. Ist nun nicht schon alles gesagt? Muss der Jung nun noch ein weiteres Mal in den Wunden stochern? Oder hat er einen neuen Ansatz oder wenigstens neue Aspekte ins Feld zu führen? Hat er, weiß Gott.

Zunächst einmal nimmt er die Eifersüchtigen, auch die pathologischen, freundlich an, zeigt Verständnis und Anteilnahme. Das ist ja auch genau das, was alle die wollen, die ihre Eifersucht in den Foren schildern. Leider stellt sich oft heraus, dass sie wirklich nicht mehr wollen als das. An der Stelle möchte Jung sie abholen und ihnen schonend beibringen, dass es einen Weg darüber hinaus gibt.

 

Eifersucht ist ein Indiz für etwas anderes

 

„Eifersucht steht offensichtlich nicht für sich selbst. Sie ist ein Zeichen für etwas anderes. Aber wofür?“ Wer jetzt noch mitgeht und weiter liest, der hat Chancen, das loszuwerden, was ihn „klein, überempfindlich und nachempfindlich“ macht. „Die Chance“ dazu „kann nur in der Weiterentwicklung meiner Liebesfähigkeit liegen.“

M. Jung sieht die moderne Eifersucht auch gefördert durch gesellschaftliche Normen und die Abwesenheit von Ächtung. Wenn wir toleranter gegenüber Außenbeziehungen wären und dafür intoleranter gegenüber jeglicher Selbstjustiz aus Eifersucht, wäre ein neues Denken und Empfinden möglich. Dass  „die lebenslänglich monogame  Beziehung ... sozusagen, trotz aller Aufbrüche der Moderne, immer noch das Pariser Urmeter der Liebesordnung darstellt“, hält Jung für überholt.

„Gute Partnerschaften sind in der Regel die, in denen jeder dem anderen größtmögliche Freiheit lässt. Lieben heißt, sich an der Entwicklung des anders zu freuen und selbst immer in den gewaltigen Lebensstrom des Stirb-und-Werde einzutauchen“.

 

Muss die Welt wirklich untergehen?

 

Spätestens, wenn er fragt: „Können wir nicht mehrere Personen zur gleichen Zeit in einer tiefen Weise, platonisch, mit einem Hauch von Eros oder auch sexuell lieben? .. Kann Zweisamkeit alles bringen? ... kann mir ein Partner alles bieten? ... sind emotionale und sexuelle Treue identisch?“ verlässt Mathias Jung endgültig den mainstream und macht sich angreifbar. Bravo.  Aber seine Zusatzfrage „ Wenn mein Partner, meine Partnerin  sich verliebt hat und vielleicht sogar mit der oder dem Neuen ins Bett gegangen ist, muss dann wirklich die Welt untergehen?“ polarisiert endgültig und könnte gar manchen Leser oder Leserin dazu bringen, das Buch in die Ecke zu pfeffern – und in seinem/ihrem Leiden zu verharren. Oder aber, sich wirklich einmal auf einen neuen Denkansatz einzulassen, hinzuschauen und zu erkennen: Eine Außenbeziehung ist keine „irreparable Katastrophe“, sondern „verweist ... auf den tief liegenden Defekt in der Binnenbeziehung. Daran sind beide beteiligt“. Au weia!

 

Der Blick in den Spiegel

 

Aber: jede/r, die/der schon Beratung oder Therapie erlebt hat, wer sich mit Selbsterfahrung und persönlichem Wachstum beschäftigt hat, weiß, dass es kein Problem mit anderen Menschen gibt, dass nicht auch mit einem selbst zu tun hätte. Und daher ist es unerlässlich, in den Spiegel zu schauen. Und Jung macht dies zwar nicht unbedingt leichter, aber attraktiver.

Ein wichtiger Aspekt, der sich durch Jungs Bücher – nicht nur diese zwei – zieht, ist der des Vergebens. Zu begreifen, dass man sich selbst am meisten schadet, wenn man unerbittlich ist in seinem Hass, in seiner Verurteilung, ist ein erster Schritt. Auf den logistischen Vorteil der moralisch besseren Position zu verzichten ein weiterer. Der aber kann den Weg ebnen für eine neue Verständigung, für den Beginn des Glücks.

Jungs Bücher stellen in der Tat einen neuen Aufbruch dar. Sie sind wertvolle pragmatische Werkzeuge bei der Reparierung unserer veralteten und teilweise modrig riechenden Beziehungsgrundsätze und –strukturen. TK ©

 

Der wahre Mann