Elisabeth Lukas: Der Seele Heimat ist der Sinn - Logotherapie in Gleichnissen von Viktor Frankl

220 Seiten; 3. Auflage 2007, Kösel Verlag München ISBN 978-3-466-36678-1; € 16,95 / CHF 33,-

 

Elisabeth Lukas hat sich schon im Studium für die 3.Wiener Schule (nach Freud und Adler) entschieden: für die Logotherapie von Viktor Frankl. Dieser sah den Menschen zwar als „ein hochentwickeltes Tier mit Trieben, Gelüsten und Gewohnheiten“, das sich jedoch „über das Animalische  in sich selbst erheben könne, sich selbst transzendieren könne – in der Hingabe an eine Aufgabe und in der Begegnung mit anderen Menschen. Der Mensch ist es nur dort ganz, wo er seine Triebe etc. einem von ihm erkannten Sinn freiwillig unterordnet“.

Sinnentnahme steht für Frankl, wie E. Lukas erläutert, „auf einer höheren Stufe als Sinngebung“.  „Zur persönlichen Fähigkeit jedoch, dem eigenen Leben  in seiner Einzigartigkeit und Einmaligkeit Sinn zu entnehmen, zur Fähigkeit der selbstständigen Sinnfindung also, haben wir Psychotherapeuten den Kranken zu bringen.“

 

Frankl geht es darum, dass der Therapeut „mit den vielfältigen Einwänden des Kranken fertig werden“ muss, ebenso „mit seiner Auflehnung  gegen die vermeintliche Bürde des Verantwortlichseins“, seiner „Flucht vor seiner Freiheit“ .

Diese Verantwortlichkeit wollte Frankl dem Kranken  „in einer möglichst konkretisierenden Alltagssprache“ näher bringen. Dazu wählte er Gleichnisse aus dem Alltagsleben, die jedoch aus heutiger Sicht gelegentlich bizarr oder angestaubt wirken. Und das, was Frankl für Alltagssprache hielt,  bedarf heute schon der Erläuterung, von daher ja auch das Unterfangen von Elisabeth Lukas, uns die Frankl’schen Texte durch Paraphrasierungen näher zu bringen.

 

Eines der immer wiederkehren Leitmotive Frankls ist das der „ Autonomie trotz Dependez“, will heißen, dass der Mensch, und eben auch der Patient, frei ist, sich über seine Vorgaben (Veranlagungen, Erziehung, etc.) hinaus zu entwickeln, zu „transzendieren“. Elisabeth Lukas drückt es so aus: „Mensch, ...du bist frei, aus deiner Mitgift zu „bauen“, was immer du willst: Gefängnis oder Sternwarte, Bordell oder Kathedrale ... Du bist der Baumeister deines Lebens“.

 

Als Begründer einer neuen Schule musste Frankl sich natürlich auch von den anderen Schulen, namentlich der Psychoanalyse abgrenzen. So heißt ein spezielles und nicht einmal kurzes Kapitel gar „Worin die Psychoanalyse irrt“. Beispiele:  Von der Psychoanalyse wird nur die Triebhaftigkeit gesehen, aber nicht auch die Wertstrebigkeit des Menschen.

Der Mensch ist das Wesen, das wählen kann. Psychische Phänomene wie Trieb-Abreaktion, Trieb-Verdrängung, Trieb-Sublimierung etc. gibt es zwar im menschlichen Leben, aber sie kommen nur zum Zuge, wenn sie vom Träger der Triebe höchstpersönlich gewählt werden.

Probleme hat der Rezensent mit Frankls totaler Ablehnung von allem, was wir heute unter „Selbsterfahrung“ zusammenfassen. Von Bewusstmachungsprozessen über Innenschau bis hin zu Typologien wie Tierkreiszeichen. E.Lukas, die noch eine  Entwertung des Enneagramms hinzu fügt, schreibt:  „ Frankl ... war kein Freund solcher Charaktertypologien. Es kommt einzig darauf an, ob sich einer auf seiner Veranlagung bequem ausruht oder ob er mit ihr wuchert, sie bändigt, das Bestmögliche daraus machen. Das Bestmögliche – das ist seine ethische Norm, sonst nichts.“

 

Dass es bei vielen psychisch Kranken schlussendlich um die Frage nach dem Sinn geht, ist anerkannte Tatsache und eine darauf ausgerichtete Psychotherapie wichtig und notwendig.  Ob man in der heutigen Zeit da allein mit Frankls gelegentlich etwas alleingängerisch wirkenden Ansätzen zum Ziel kommt, sei dahingestellt. Andererseits aber dürfte eines klar sein: wenn man den Frankl’schen Ansatz außer Acht lässt, übersieht man ein sehr kostbares Werkzeug.

Sicher kein „Lesebuch für alle, die nach Lebenssinn suchen“, wie es im Rücktitel heißt, dazu ist die Sprache längst nicht volkstümlich genug, auf jeden Fall aber ein guter Einstieg in Frankl’sches Denken, der neugierig macht, sich näher mit ihm zu befassen. TK ©

 

Außenbeziehung und Eifersucht