Bücher für un-typische Männer

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Es gibt natürlich viel weniger Männer- als Frauenbücher. Wieso eigentlich "natürlich"? Diese Frage lasse ich zunächst einmal im Raum stehen. Mehr dazu später.

 

Zunächst einmal möchte ich von meinem allerersten Männerbuch erzählen. Das war in einer sehr stressigen Phase meiner ersten Ehe, wo ich, der ewigen Streitereien müde,  viele Stunden in der Stadtbibliothek verbrachte. Und da fiel mir "zufällig" ein frontal aufgestelltes Büchlein ins Auge: "Der verunsicherte Mann" von Herb Goldberg. Bingo!

Der Titel entsprach exakt dem, wie ich mich gerade fühlte: absolut verunsichert. Andernfalls hätte ich vermutlich das Buch auch gar nicht in die Hand genommen. "Sowas" lesen Männer ja nicht ohne Not.

Nun ja, das Buch hatte mich gefunden und ich las. Erst im Stehen vor dem Regal, hierhin und dorthin blätternd, aber dann las ich mich fest und suchte mir einen Sitzplatz. Auf Seite 39 des rororo-Taschenbuches fand ich z.B. Folgendes:

"Nur durch die Integration seiner femininen passiven Seite wird es dem Mann gelingen, sich sexuell zu befreien, die Totalität seiner Gefühle zu erfahren und sich von den Sorgen um Potenz und Überlegenheit zu befreien. Der Mordskerl (heute würde man wohl Macho sagen. TK.) ist ein unvollständiger, fader Geschlechtspartner, weil er sich so heftig an seine stereotypen Reaktionsweisen klammert."

Wenn man so ungeübt ist in solcher Art von Literatur, wie ich es damals war, steht man zunächst davor wie der Ochs vorm Tor. Trotzdem blieb ich dran, denn irgend etwas hielt mich fest. Vielleicht waren es die Worte "sexuell befreien" oder "Sorgen um Potenz", die meine Aufmerksamkeit erheischten. Verstanden habe ich das, was da stand, erst viel später. Aber ich las weiter. Und kam zum Beispiel an diese Stelle:

"Befreiung von unhaltbaren Bindungen gibt es nur, wenn sich der Mann seine tiefsten Bedürfnisse, Gefühle und Impulse, die hinter seiner Abwehrmauer liegen, wieder zu eigen macht. Er muss sie erkennen, sie als einen, wenn auch bedrohlichen Teil von sich selbst akzeptieren, und dann bewusst entscheiden, bis zu welchem Grad er bereit ist oder riskieren kann, seinem wirklichen Selbst treu zu sein."

Au Mann, sowas, wenn man in der Tat vor der Frage steht, ob man die Beziehung weiterhin aufrechterhalten will oder nicht.  Meine "tiefsten Bedürfnisse, Gefühle und Impulse", also dafür hatte sich noch nie jemand interessiert. Meine Partnerin schon gar nicht. Und ich? Ich hatte nie darüber nachgedacht, hatte kein Bewusstsein davon.

Aber Herb Goldberg hatte noch mehr Schockierendes für mich auf Lager:

"Für den Mann ist es das Allerwichtigste, dass er die ständige Anklage, ein männlicher Chauvinist zu sein, durchschaut und erkennt, dass sie nur dazu da ist, Schuldgefühle in ihm zu erzeugen und ihn zu paralysieren. Stattdessen muss er in der ehelichen Partnerschaft einen Stil entwickeln, der sich mit seinem ureigenen Stil wirklich verträgt.

Der neue Begriff von Ehe wird sich dem Mann erst erschließen, wenn er seinen oftmals passiv-aggressiven Ehestil erkannt und in einen Stil offener Selbstbehauptung umgewandelt hat. Erst dann wird er lernen, direkte und ehrliche Beziehungen zu anderen Menschen zu knüpfen, in denen er sich entwickeln und entfalten kann."

Das soll mal als Einleitung in die Männerthematik reichen. Ich werde sicher noch häufiger auf Herb Goldberg zurückkommen. TK.